Varistor: Wie sie Schaltungen vor Überspannungen schützen

2022-10-26 11:50:04 By : Ms. GREENFILTER NEW

Elektronikentwickler verwenden häufig Varistoren, um empfindliche Schaltungen vor möglichen Überspannungen zu schützen. Diese Bausteine bieten eine hohe Haltbarkeit, die auch wiederholten hohen Impulsstoßströmen und hochenergetischen Transienten widersteht. Littelfuse erklärt hier die Grundlagen des Designs mit Varistoren.

Bild 1: Metalloxid-Varistoren (MOV) gibt es in einer Vielzahl von Formfaktoren und Größen für eine breite Palette von Anwendungen. (Bild: Littelfuse)

Varistoren sind spannungsabhängige, nichtlineare Bausteine, die sich wie eine Back-to-Back-Zener-Diode verhalten und damit elektronische Schaltungen vor Überspannungen schützen. Sie bieten einen weiten Spannungsbereich, hohe Energieaufnahmefähigkeit und eine schnelle Reaktion auf Spannungsspitzen. Varistoren können Spitzenstromwerte von 20 bis 70.000 A und Energiespitzenwerte von 0,01 bis zu 10.000 J abdecken. Spannungsspitzen, also kurzzeitige elektrische Überspannungen, haben häufig folgende Ursachen:

Varistoren bestehen hauptsächlich aus Zinkoxid (ZnO) mit kleinen Zusätzen von anderen Metalloxiden, wie Wismut, Kobalt und Mangan. Bei der Herstellung werden die Metalloxid-Varistoren (MOV, Metal Oxide Varistors) in einen keramischen Halbleiter eingesintert. Das erzeugt eine kristalline Mikrostruktur, mit deren Hilfe die Bauteile über ihre gesamte Masse sehr hohe transiente Energien abführen können. Nach dem Sintern metallisiert der Hersteller die Oberfläche und lötet die Leitungen auf. Aufgrund ihrer hohen Energieableitung eignen sich MOV zur Ableitung von Blitzschlägen und andere hochenergetischen Transienten in Wechselstromanwendungen. Sie tolerieren hohe Energiemengen und halten diese potenziell zerstörerische Energie von empfindlicher nachgeschalteter Elektronik fern. MOV kommen auch in Gleichstromkreisen, wie Niederspannungs-Stromversorgungen und Automobilanwendungen zum Einsatz. Von den vielen MOV-Formfaktoren (Bild 1) ist die radial bedrahtete Scheibe am häufigsten anzutreffen.

Varistoren sind ein sehr praktisches Bauteil, um transiente Überspannungen von empfindlicher Elektronik fernzuhalten. Doch nur wer die Varistoren passend auslegt, schützt die Elektronik zuverlässig. Der Artikel erklärt die Grundlagen und zeigt als Praxisbeispiele einen LED-Treiber und eine industrielle Motoranwendung.

Mehrschicht-Varistoren (MLV, Multilayer Varistors) sind für die Leiterplattenumgebung gedacht. Wenn auch mit niedrigerer Energie, treten auch hier Transienten aus ESD, dem Schalten induktiver Lasten oder auch aus Überbleibseln von Blitzstoßströmen auf und können empfindliche integrierte Schaltungen erreichen. MLV bestehen ebenfalls aus Zinkoxid-Materialien, werden jedoch mit verflochtenen Schichten von Metallelektroden in bleifreien Keramik-Gehäusen produziert. Sie gehen von einem hochohmigen in einen leitenden Zustand über, wenn sie Spannungen ausgesetzt sind, die ihre Nennspannung übersteigen, und können im Vergleich zu ihrer Größe signifikante Überspannungsenergien ableiten. Damit eignen sich MLV sehr gut für Datenleitungen sowie für den Überspannungsschutz in Stromversorgungen.

Überspannung und die damit verbundenen sehr hohen Stoßströme beschädigen oder zerstören elektrische und elektronische Geräte. Ein zuverlässiger Überspannungsschutz ist daher unumgänglich. TDK hat auf Basis eines neuen Keramikmaterials jetzt eine High-Surge-Serie von Epcos-Vielschichtvaristoren entwickelt, die kompakte Abmessungen mit hoher Schutzwirkung vereinen. Mehr zum Thema erfahren Sie hier.

Dank ihrer scharfen, symmetrischen Durchbruchscharakteristik (Bild 2) können Varistoren einen hervorragenden Überspannungsschutz bieten. Beim Auftreten von hohen Überspannungen ändert sich ihre Impedanz um mehrere Größenordnungen von einem nahezu offenen Stromkreis in einen leitenden Zustand, wodurch sie den Impuls auf ein sicheres Maß beschränken.

Um einen geeigneten MOV für eine bestimmte Überspannungsschutzanwendung auszuwählen, muss der Entwickler zunächst die Betriebsparameter der Schaltung bestimmen, zum Beispiel:

Für das folgende Beispiel sei ein Niederspannungs-Gleichstrom-MOV in Scheibenform gesucht. Er muss folgende Schaltungsbedingungen und Anforderungen erfüllen:

Um die Nennspannung des MOV zu bestimmen, sind 20 % Puffer einzurechnen, um ein Anschwellen der Spannung und Toleranzen der Stromversorgung Rechnung zu tragen: 24 VDC × 1,2 = 28,8 VDC. Da es keine Varistoren mit dieser Nennspannung gibt, kommen MOV mit 31 VDC in Betracht.

Um festzustellen, welche MOV-Scheibengröße passt, identifiziert man zunächst die MOV-Baureihe, die minimal die Anforderung von 1000 A Überspannung erfüllt. Tabelle 1 ergibt einen 20-mm-MOV mit einer maximalen Dauerspannung von 31 VDC (Teilenummer V20E25P) als mögliche Lösung für die Anforderungen. Die Impulsraten (Bild 3) aus seinem Datenblatt dienen dazu, die Impulsbelastbarkeit für die Anforderung „40 Impulse @ 1000 A“ zu ermitteln. Dann prüft man anhand der VI-Kurve (Bild 4) im Datenblatt des ausgewählten MOV, ob die Spitzenspannung kleiner ist als das Maximum von 300 V.

In unserer Themenreihe Hidden Champions der Elektronik widmen wir uns den Komponenten, die selten im Rampenlicht stehen. Denn die Stars einer Platine können  ohne die Hidden Champions an der Peripherie nicht funktionieren. Passive Bauelemente, Kühlkörper, Kabel, Stecker, einfachere Logik-ICs etc. werden immer wieder gern übersehen oder gelten als „langweilig“, sind aber essenziell wichtig. Genau um solche Hidden Champions geht es hier.

MOV unterdrücken Transienten sehr effektiv, die Absorption der Energie während einer Überspannung bewirkt jedoch eine lokale Erwärmung, die zu einer Degradation des Varistors führen kann. MOV neigen zu graduellen Leistungsverschlechterungen nach einer großen Überspannung oder mehreren kleinen Überspannungen, was ihren Nennableitstrom erhöht.

Damit steigt auch unter normalen Bedingungen wie einer Betriebsspannung von 120/240 VAC die Temperatur des MOV. Ein integriertes Thermoelement (Bild 5) erfasst den Temperaturanstieg, der ihn letzten Endes unbrauchbar macht. In diesem Fall öffnet das Element die Schaltung, trennt den degradierten MOV ab und verhindert somit eine unter Umständen katastrophale Fehlfunktion.

LED-Stromversorgungen sind in der Regel Konstantstrommodule und heißen oft LED-Treiber. Für geringere Spannungsanforderungen gibt es sie als fertige Baugruppen inklusive MOV (Bild 6). In der Regel sind die Treiber auf Überspannungen im Bereich von 1…4 kV ausgelegt. Der Varistor (MOV2) ist in der Regel nach der Sicherung im Wechselstromnetz platziert und kann einen Durchmesser von 7 bis 14 mm aufweisen. Bei Leuchten, die im Freien in stark exponierten Überspannungsumgebungen installiert sind, werden OEM (Original Equipment Manufacturer) sinnvollerweise Ableitermodule (SPD, Surge Protection Devices) in den AC-Eingangsleitungen vorschalten, um eine höhere Störfestigkeit gegen Stoßspannungen zu gewährleisten.

Dabei ist es sehr wichtig, Bauteilcharakteristika für MOV1 zu wählen, die zu denen des vorhandenen Bauteils im Treiber (MOV2) passen: Die größeren Scheiben-MOV im Ableitermodul müssen zuerst anspringen und die Hauptlast der Stoßenergie absorbieren, bevor sich die kleinere Scheibe (MOV2) einschaltet. Andernfalls könnte ein zerstörerischer Strompegel den Treiber-MOV passieren und die Sicherung vorzeitig öffnen. Der MOV im Ableitermodul sollte daher eine geringere maximale Dauerbetriebsspannung aufweisen als der MOV im Treiber.

Eine kleine Impedanz zwischen dem primären Ableitermodul und dem Treiber kann die Koordinierung verbessern. Ein längeres Kabel zwischen primärem Ableitermodul und Treiber kann aufgrund der Impedanz des Kabels schon ausreichen. Jedoch sollten die Leitungsdrähte auf der Eingangsseite des Ableitermoduls möglichst kurz sein, um dort eine erhöhte Klemmspannung aufgrund der Impedanz der Kabel zu verhindern.

Weil MOV mit der Zeit degradieren, ist der Schutz vor thermischer Überlastung nach ihrem gänzlichen Ausfall wichtig. Wenn man den Wärmeschutz des Ableitermoduls parallel zum LED-Treiber schaltet, wird das Ableitermodul vom Strom getrennt, wenn der Wärmeschutz anspringt. Der Strom kann jedoch weiterhin zum LED-Treiber fließen. Das bedeutet, dass die Leuchte bei der nächsten Überspannung beschädigt werden könnte. Ableitermodule mit thermischem Schutz werden daher zunehmend mit dem LED-Treiber in Reihe geschaltet. Dabei trennt der Thermoschutz gleichzeitig mit dem Ableitermodul auch den LED-Treiber vom Strom und schützt ihn so vor weiteren Überspannungsereignissen.

Ein Aspekt des AC-Motorschutzes ist die Stoßstrombelastbarkeit des Motors selbst. Paragraph 20.36.4 des NEMA-Standards MG-1 für Motoren/Generatoren definiert einen Überspannungswert pro Einheit als: u × VL-L (oder 0,816 × VL-L), wobei VL-L der verketteten Spannung des Wechselstromsystems entspricht. Für transiente Anstiegszeiten von 0,1 bis 0,2 μs wird bei Statorwicklungen der doppelte Anteilswert der Stoßstrombelastbarkeit erforderlich. Wenn die Anstiegszeiten 1,2 μs oder mehr erreichen, verlangt der Standard das 4,5-fache des Anteilwerts. Im Falle von externen Transienten wie Blitzschlag würde dies einer Spitzenstoßstrombelastbarkeit von 918 V für einen 230-V-Motor (F.L.A. von 12 A) bei einer Linienkraft von 250 entsprechen. Blitzüberspannungen können diese Werte überschreiten. Daher ist ein spezielles Schutzelement für die Statorwicklungen nötig.

Fehlerstrom-Schutzschalter lösen durch die von elektrischen Anlagen verursachten Ableitströme oft unnötigerweise aus. Daraus folgen Maschinenstandzeiten und Kosten, die sich jedoch verhindern lassen – mit Wissen um hohe Ableitströme und gezielten Maßnahmen dagegen. Da Frequenzumrichter und Netzfilter wesentliche Gründe für Ströme gegen Erde sind, verdienen sie besondere Aufmerksamkeit. Wie Ableitströme in Frequenzumrichtern entstehen.

Unter Berücksichtigung einer hohen Linientoleranz eignet sich in diesem Beispiel ein auf 275 VAC ausgelegter MOV. Basierend auf dem gewünschten Formfaktor wäre ein V271HB34-MOV von Littelfuse passend (Bild 7). Beim Einsatz eines einphasigen mittelgroßen Motors mit 2 PS würde der Nennableitstrom des MOV durch den Spitzenstrom in der Motorversorgung bestimmt. Unter der Annahme eines Service-Standorts für den Motor und einer Leitungsimpedanz von 2 Ohm ist ein Blitzschlag mit 3 kA möglich. Die maximale Klemmspannung von 3 kA wird anhand des Datenblatts bei 900 V verifiziert, was unter der mit 918 V vorgeschlagenen Festigkeit der Statorwicklung liegt.

Im Beispiel soll die Betriebslebensdauer des Motors 20 Jahre betragen und er soll in dieser Zeit 80 Blitzeinschläge tolerieren. Im Hinblick auf die Nennwerte im Datenblatt dieses MOV kann man einen Wert von mehr als 100 Überspannungen verifizieren. Die Umgebungstemperatur für diese Anwendung liegt zwischen 0 und +70 °C, also innerhalb der Werte des MOV von -40 bis +85 °C. Ebenso ist keine Herabsetzung des Spitzenstoßstroms oder der Energie in diesem Bereich erforderlich.

Um die langfristige Zuverlässigkeit empfindlicher Elektronik zu gewährleisten, sollten Entwickler den Überspannungsschutz von Anfang an berücksichtigen. Varistoren gehören hier zu den sinnvollsten verfügbaren Optionen.

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