70 Jahre Ford Taunus 12M "Weltkugel": Moderne Zeiten

2022-10-26 11:28:53 By : Ms. Alice li

Das waren noch Zeiten, als gutbürgerliche Autos gutbürgerliche Namen trugen: Taunus bei Ford für den Sommerurlaub in deutschen Mittelgebirgen. 1952, also vor 70 Jahren, brachen mit dem "Weltkugel-Taunus", intern G13 genannt, neue Zeiten für die Kölner Marke an. Bis 1962 entstanden gut 620.000 Exemplare von 12M und 15M. 

Der damals neue Taunus 12M markierte den Neuanfang für Ford in der Mittelklasse, nachdem bis dato noch der Buckel-Taunus aus Vorkriegstagen vom Band gelaufen war. Wie bei Ford oft üblich, entstand der Großteil des Designs in den USA, man schickte gar ein Tonmodell in Originalgröße über den Atlantik. 

Anders als später passte die Stilistik optimal in den Geist der frühen 1950er-Jahre, in Köln änderte man lediglich den Kühlergrill leicht. Die sogenannte Ponton-Form war der letzte Schrei, erst ein Jahr später zogen Opel und Mercedes nach. Es gab keine separaten Kotflügel mehr, der nur 4,06 Meter lange Taunus G13 präsentierte sich aus einem Guss. "In Form und Technik seiner Zeit voraus", jubelten Werbeanzeigen.

Zur Herkunft des M beim 12M gibt es unterschiedliche Interpretationen: Ford gab damals zu Protokoll, man habe sich einfach einen Buchstaben für Neukonstruktionen gesucht, andere sahen es als "Meisterstück" oder "Meisterklasse". Taunus 12M klang einfach besser als "Hunsrück", was nach "Eifel" und "Taunus" nahegelegen hätte.

Die Zahl 12 stand für den Hubraum von 1.172 Kubik. Eine Grundkonstruktion von 1935: Der Vierzylinder als solcher stammte vom Vorgänger und leistete nun 38 PS. Damit dauerte der Sprint auf 100 km/h unglaubliche 38 Sekunden. Doch das wie auch die 112 km/h Spitze störte damals niemanden. Erst 1955 kam der 15M mit 1,5 Liter. Dazu später mehr.

Allerdings war der 12M über ein Drittel teurer als der Vorgänger, nämlich fast 7.000 DM. Zum Vergleich: Ein VW lag bei immer noch für viele unerschwinglichen 5.400 Mark. Und so speckte Ford den 12M ab. Die nur noch "Taunus 12" genannte Sparversion kostete nur 6.185 DM, verzichtete weitestgehend auf Chrom und bot eine damals unbeliebte Knüppelschaltung. Der Taunus 12 blieb bis zu einer Preissenkung für den 12M im Jahr 1955 im Programm. 

Im gleichen Jahr präsentierte Ford den Taunus 15M. Er basiert optisch wie technisch auf dem Taunus 12M, hatte aber mit mehr Leistung nicht mehr den VW Käfer, sondern den Opel Olympia Rekord im Visier.

55 PS wurden aus dem namensgebenden 1,5-Liter-Kurzhubmotor geholt, hinzu kamen 11,3 mkg Drehmoment. Hä? Nun, die Abkürzung steht für Meterkilogramm, die damals verwendete Angabe. Die Umrechnung ist einfach: 11,3 mal 9,81 ergibt rund 111 Newtonmeter. Ford pries das ausgiebig an: "Mühelos nimmt der Taunus 15M Steigungen bis zu 42 Prozent. 125 km/h sind zugleich Spitze und echte Autobahn-Dauergeschwindigkeit" schwelgte die Werbung.

Schon zur IAA im Oktober desselben Jahres legte Köln nochmal nach: In Frankfurt glänzte die de-Luxe-Version um die Wette. Vorne funkelt ein massiver Chromgrill, dazu kommen Stoßstangenhörner, zweifarbige Lackierungen und verchromte Radkappen mit rot-goldenem de-Luxe-Symbol.

Ford Taunus 15M de Luxe (1957)

Der ganze Wagen wurde mit Chrom-Lametta behangen, bis hin zum Auspuff-Endstück im Fischschwanz-Stil. Günstig ist der glänzende Auftritt nicht: 6.935 Mark war eine Stange Geld. Ohne Autoradio, wohlgemerkt. Der Volksmund liefert schnell die passende Beschreibung für den Ford Taunus 15M de Luxe: "Dienstmädchen im Abendkleid".

Apropos Dienst: Selten blieb die Kombi-Version von 12M und 15M. Von rund 610.000 gebauten Fahrzeugen rollten nur gut 50.000 als Lademeister vom Band. Vier Türen gab es in der Baureihe übrigens nie. Diese Rolle übernahm ab 1957 der Taunus 17M, der als "Barock-Taunus" noch hemmungsloser auf Mini-Straßenkreuzer machte. 

Henry Ford II freut sich 1956 zusammen mit den Ford-Beschäftigten über das 100.000 Modell der zweiten Ford Taunus-Generation, ein 15M.

Der 15M lebte bis 1959 weiter, in gleichem Jahr wurde der G13 überarbeitet. Die Weltkugel entfiel, formal wurde der Wagen etwas sachlicher. Den 55-PS-Motor des 15M gab es nun als Option für 110 DM extra. Das Facelift bescherte aber vor allem dem technisch schlichten 12M enorme Verkäufe, fast 100.000 Exemplare wurden 1960 hergestellt. 

Kein Wunder: Der VW Käfer kam langsam in die Jahre, der Taunus wirkte demgegenüber moderner und repräsentativer. Zudem war der Ford mit 5.395 DM durchaus in Reichweite der aufstrebenden Mittelschicht. Und der Opel Kadett A sollte erst 1962 die Karten neu mischen. Im gleichen Jahr erschien ein neuer 12M mit V4-Motor. Als Käfer-Konkurrent in den USA geplant, schipperte wieder eine große Holzkiste nach Köln ...Â